Interreligiösität / Konfessionalität - Zukunft des BRU

Religionsunterricht in Berufskollegs findet nicht nur im Dualen System im Klassenverband statt. Das bibor analysiert diese spezifische Lernvoraussetzung und entwickelt theologische und religionspädagogische Konzepte, die eine reflektiert positionelle religiöse Bildung in multireligiösen Kontexten sinnvoll gewährleisten.

Elementare Schritte auf dem Weg zu einer Interreligiösen Religionspädagogik

In diesem wissenschaftlichen Kooperationsprojekt von bibor und pti Bonn soll in einem Workshopprozess über 15 Monate eine Gruppe jüdischer, christlicher und muslimischer Theologen und Theologinnen bzw. Religionspädagogen und Religionspädagoginnen die Relevanz einer interreligiösen Theologie für die Religionspädaogik erörtern, bewerten und beurteilen.

Das Diskussionspapier "Dialog und Verständigung. auf dem Weg zu einer pluralistischen Religionspädagogik" finden Sie hier.

Die Ausganslage

Der interreligiöse Dialog ist auf einem hohen Niveau angelangt und wird auf diesem Level hauptsächlich auf Tagungen, Kongressen, Symposien und in der Literatur vorangetrieben. Auffällig ist, dass strittige und kontroverse Themen oft nicht in der nötigen Tiefe ausdiskutiert werden können und der Diskurs weitgehend auch ohne religionspädagogische Bezüge und Konsequenzen geführt wird. Dabei ist es gerade der Religionsunterricht aller Religionsgemeinschaften, der von der Pluralität und Multireligiosität unserer Gesellschaft zunehmend herausgefordert ist. Das Nebeneinander von evangelischem, katholischem, orthodoxem, islamischem und jüdischem Religionsunterricht in Deutschland macht eine Verständigung auf konzeptioneller Ebene nötig, die zu weitergehender Kooperation der verschiedenen unterrichtlichen Formate führen sollte. Die Ausgangsfrage unseres Projektes ist, ob die im Kontext der pluralistischen Theologie der Religionen vertretenen Positionen einen tragfähigen Fragehorizont für Klärungen im Blick auf interreligiöse Verständigung und Kooperation darstellen können. 

Der Projektansatz

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des Religionsunterrichts aller Religionsgemeinschaften sollen interreligiöse Fragen noch einmal neu (weil anders) aus didaktischer Sicht diskutiert werden. Konkret sollen dabei kategoriale und fundamentale Wahrheiten, Strukturen, Erfahrungen und Zugänge von Bildungsgegenständen aus den jeweiligen Religionen im Zentrum des Diskurses stehen. Ausgehend vom Primat der Didaktik gegenüber den Fachwissenschaften sollen religiöse Inhalte im interreligiösen Diskurs religionspädagogisch reflektiert werden. Welche Rolle spielen elementare Erfahrungen und Zugänge (also die „Subjektorientierung“) in den verschiedenen Religionspädagogiken und wie ist deren Bezug zu den elementaren Wahrheiten und Strukturen (also zur „Konfessionalität“ bzw. „Positionalität“) zu bestimmen? Dabei wäre zu prüfen, ob und inwieweit die interreligiöse Erörterung von elementaren, kategorialen und fundamentalen Strukturen der religiösen Inhaltsaspekte zu einer den Religionen gemeinsamen religionspädagogischen Konzeption beiträgt und langfristig zum Entwurf eines ´Interreligiösen Religionsunterrichts´ führen kann.

Solche religionspädagogischen und didaktischen Analysen sind z.B. vorstellbar zur Symboldidaktik, zu Gottesbildern, zum kritisch-hermeneutischen Umgang mit Heiligen Schriften (und der Frage der Anerkennung von Heiligen Schriften anderer Religionsgemeinschaften) oder zu sozialethischen Fragen. Um dem Grundanliegen des bibor bzw. der Berufsorientierung Rechnung zu tragen, wären berufsorientierte Zuspitzungen im Bereich der Beispiele und Erträge wünschenswert.

 

Die Projektdurchführung

Das Projekt möchte Fragen einer religionspädagogischen Konzeption in interreligiöser Perspektive religionsdidaktisch in zeitlicher wie auch personeller Kontinuität erörtern. Dafür soll eine Projektgruppe aus in der Theorie und/oder Praxis erfahrenen Religionspädagoginnen und Religionspädagogen – paritätisch zusammengesetzt aus Judentum, Christentum und Islam – gebildet werden, die ca. 15 Personen umfasst. Der vorauszusetzenden und unbedingt einzuholenden reflektierten Positionalität aller Beteiligten soll durch eine entsprechende religionstheologische Weite in der Projektkonzeption Rechnung getragen werden. Der verbindliche Teilnehmerkreis soll in vier Sitzungen über ein Jahr verteilt tagen (Tagungszeitstruktur von Mittag bis Mittag). Zu einzelnen Sitzungen sollen Experten zu bestimmten Themen hinzugezogen werden. Die (1.) zeitliche und (2.) personelle Kontinuität im Projektprozess, das (3.) sich aufbauende Vertrauen der Projektgruppe, die (4.) gemeinsame didaktisch-religionspädagogische Expertise und (5.) die Fokussierung auf die schulische Praxis ermöglichen, dass der religionspädagogische Diskurs zu neuen didaktischen Einsichten führt, die Basis für eine intensivere religionspädagogische Zusammenarbeit schafft sowie elementare Leitlinien zur Konzeption einer `Interreligiösen Religionspädagogik´ eröffnet.

Die Anlage des Projektes bringt es mit sich, dass die Ergebnisse über die berufsorientierte Religionspädagogik hinausweisen.

Dokumentation und Evaluation

Neben einer Dokumentation des Diskurses an sich soll auch in – noch zu wählender  angemessener Form - evaluiert werden, ob es aus didaktisch-lerntheoretischer Sicht den Religionsgemeinschaften gemeinsame didaktische Ansätze und religionspädagogische Konzeptionen gibt, die einen „interreligiösen“ Religionsunterricht didaktisch fördern und stützen und dabei auch Impulse für das interreligiöse Gespräch insgesamt geben können. Die Erstellung von Unterrichtsmaterialien in interreligiöser Perspektive ist nur sekundär Ziel des Projektes und kann gegebenenfalls als Nebenprodukt abfallen.

Termine der Treffen in Bonn und Nerversdorf

  1. Treffen: 16.-17. April 2018
  2. Treffen: 3.-4. September 2018
  3. Treffen: 3.-4. Dezember 2018
  4. Treffen: 27.-28. März 2019

 Klausur auf Einladung der Udo Keller Stiftung Forum Humanum: 9.-14. September 2019

Verantwortliche Koordinatoren: 
Prof. Dr: Andreas Obermann (bibor)
Prof. Dr. Gotthard Fermor (pti)
Dr. Rainer Möller (pti)

Dialog und Transformation - Pluralistische Religionspädagogik im Diskurs

Dialog und Transformation betont die Notwendigkeit einer erweiterten religiösen Bildung angesichts der religiösen Vielfalt in der Gesellschaft und in Schulen. Es wird darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, bestehende Trennungen zu überwinden und eine gemeinsame Grundlage für religiöses Lernen in der Schule zu finden.

In dem vorgestellten Buch wird ein Ansatz präsentiert, der nach Gemeinsamkeiten in Theologie und Religionspädagogik sucht, um eine gemeinsam verantwortete religiöse Bildung im öffentlichen Raum zu ermöglichen. Experten verschiedener Religionen haben eine theologische Grundlage für religiöse Bildung entwickelt, die auch einen gemeinsamen Religionsunterricht ermöglichen soll. Dieser Ansatz wird von Theologen und Religionspädagogen unterschiedlicher religiöser Hintergründe und Kontexte kritisch kommentiert und diskutiert.

Zusätzlich werden Perspektiven für die Weiterentwicklung einer interreligiösen, pluralistischen Theologie und Religionspädagogik aufgezeigt.

Weitere Informationen finden SIe auf der Seite des Verlags.

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© Waxmann

Projekt "Didaktik Heiliger Schriften aus Christentum und Islam"

Zu Beginn des Projektes sollen grundlegende Fragen zur klärenden Diskussion stehen, und zwar

  • grundsätzliche Perspektiven / Problemstellungen zur Idee der Entwicklung einer Didaktik heiliger Schriften aus Christentum und Islam,
  • zu den möglichen exegetischen Grundlagen von solchen didaktischen Entwürfen,
  • zu weiterführenden religionspädagogischen Perspektive sowie
  • zu den grundlegenden Perspektiven (Erfolgsaussichten) der Entwicklung einer Didaktik Heiliger Schriften aus Christentum und Islam.

verantwortlicher Mitarbeiter: Prof. Dr. Andreas Obermann

  • Die Bibel ist für den evangelischen Berufsschulreligionsunterricht (= BRU) die theologische Grundlage und Norm der Kommunikation des Evangeliums. Für den BRU sind neben den Inhalte der biblischen Schriften (Offenbarung) auch die in den Schriften angelegten Verhaltens- und Kommunikationsformen das Maß der Gestaltung des Unter-richts in gegenseitiger Wertschätzung: Die Bibel steht bis heute im Zentrum des BRU, weshalb es der intensiven religionspädagogischen Forschungsbeschäftigung bedarf, wie die Bibel ihrer Bedeutung gemäß im BRU für die SuS angemessen zur Sprache gebracht werden kann.
  • Im Blick auf die religiös heterogenen Lerngruppen an Berufskollegs in NRW und den im Klassenverband stattfindenden BRU stellt sich beim Stichwort „Bibeldidaktik“ unweiger-lich die Frage, ob und inwiefern der Koran eine analoge didaktische Bedeutung in islamischer Perspektive hat und gegebenenfalls im BRU haben kann. Im BRU-Kontext ist der Koran einer der wesentlichen Dialogpartner einer biblischen Didaktik. Dieser Dialog wird in Zukunft immer wichtiger werden wegen der zunehmenden Präsenz des Islam in Gesellschaft und Religionsunterricht wie auch aus sachlichen Gründen – der Koran nimmt auf die biblischen Offenbarungen Bezug und stellt diese in Frage!
  • Für den BRU ist die Frage einer schriftgemäßen Didaktik relevant im Verständnis des BRU als einem Religionsunterricht der Sek II oder unter der Kategorie der Erwachsenenbildung. Entwicklungspsychologisch sind hermeneutische und didaktische Reflexionen im Beziehungsreichtum bzw. Spannungsverhältnis von Bibel und Koran so anspruchsvoll, dass sie erst ab dem jungen Erwachsenenalter möglich sind, weshalb die Sek II und die Erwachsenenbildung die Bildungsorganisationen (-formen) sind, für die eine solche Reflexion möglich ist und in der entsprechende Reflexionen kommuniziert werden können. Entsprechende Überlegungen werden also im Blick auf diese Altersgruppe anzustellen sein unter Berücksichtigung berufspädagogischer Frage-stellungen (z. B. der Beitrag der heiligen Schriften zum (1.) Verständnis von Mensch und Arbeit, zur (2.) Selbstwahrnehmung und zum Selbstverständnis junger Erwachsener im Arbeitsleben oder zu (3.) ethischen Grundlinien wirtschaftlichen Handelns).

"Offene Konfessionalität" als Leitkategorie für den künftigen RU an berufsbildenden Schulen

In Kooperation mit den Partnerinstituten KIBOR und EIBOR widmete sich das bibor dem Thema des "BRU der Zukunft". Diskurse mit Expert*innen standen im Zentrum des multiperspektivischen Reflexionsprozesses.

Korrespondierend und auf Anregung der Kolleginnen und Kollegen des EIBOR iniitierte das bibor für Nordrhein-Westfalen eine Delphi-Befragung zum Thema „Was ist evangelisch am Berufsschulreligionsunterricht?“. Es war von Interesse zu prüfen, inwiefern sich die Auffassungen im einwohnerstärksten Bundesland der Republik von den für Baden-Württemberg ermittelten unterschieden. Das KIBOR erhob ebenfalls durch eine qualitative empirische Studie Daten zu Fragen der Konfessionalität und zur Zukunft des BRU. Jedes der drei Institute für berufsorientierte Religionspädagogik ermittelte zunächst für sich und dann gemeinsam in der Zusammenschau Vorstellungen von der Didaktik des "BRU der Zukunft". Übereinstimmend bekennen sich KIBOR, EIBOR und bibor zum konfessionellen BRU. Gemeinsam formulieren die Akteure als Leitkategorie für den künftigen Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen den Begriff der „offenen Konfessionalität“.

Die von EIBOR und bibor favorisierte Delphi-Methode ist in ihren Anfängen ein prominentes Instrument der Prognostik und beschreibt ein intuitives Prognoseverfahren. Sie wurde während der 60er Jahre entwickelt und zur Voraussage wirtschaftlicher, technischer und sozialer Entwicklungen genutzt. In der deutschen Bildungslandschaft entwickelte sich die Methode Delphi weiter. Dabei ging es weniger stark um Zukunftsvorhersagen als vielmehr um die Aufgabe, durch und mit Expertinnen und Experten Probleme zu lösen und so die Bildungsplanung effektiver anzugehen. Gestaltungsaufgaben und -möglichkeiten sollten und sollen eruiert werden, um Trends im Blick zu behalten.

Eine Delphi-Befragung steht und fällt mit der Expertise der Teilnehmenden. Die Betrachtung des Gegenstands sollte multiperspektivisch, möglichst umfassend sein. Im Falle der Überlegungen zum Evangelischen des BRU wurden also Vertreterinnen und Vertreter der für den BRU Verantwortung tragenden kirchlichen und staatlichen Institutionen und Einrichtungen ebenso befragt wie Expertinnen und Experten, die im Schulalltag täglich für das Gelingen des Unterrichts Sorge tragen. Anliegen des bibor war außerdem, die Thematik nicht ausschließlich im evangelischen Kontext zu diskutieren, sondern auch Überlegungen aus katholischer Perspektive einzubeziehen. Zum Fachgespräch in der Universität Bonn kamen zusammen Verantwortungsträger*innen aus dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, der Evangelischen Kirche in Westfalen, der Evangelischen Kirche im Rheinland, des Referats Religionspädagogik des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz, der Bezirksregierungen, des Bundesinstituts für Berufsbildung sowie Schulleiter*nnen berufsbildender Schulen, Dozent*innen von Pädagogischen und Pädagogisch-Theologischen Instituten, Fachleiter*innen der Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung, Pfarrer*innen und Bezirksauftragte.

Die Teilnahme an einem Delphi-Verfahren ist für Diskutantinnen und Diskutanten mit hohem Aufwand verbunden. Die Eingeladenen wurden vor Beginn darüber aufgeklärt, was auf sie zukommen werde, dass sie zu zwei Symposien zusammenkommen würden und vorab schriftlich nicht nur Leitfragen zu beantworten hätten, sondern sich darüber hinaus auf die jeweiligen Experten-Gespräche vorzubereiten hätten, indem sie die ihnen mit einigem zeitlichem Vorlauf übersandten anonymisierten Antworten sämtlicher am Prozess Beteiligter zur Kenntnis nähmen. Die Thesenpapiere bildeten mittelbar und unmittelbar eine Gesprächsgrundlage für die Symposien. Das mehrphasige Vorgehen gewährleistete eine Vertiefung der Reflexion bei gleichzeitiger Verdichtung der Argumentation. Reflexionsprozesse und Ergebnisse sind dokumentiert in dem Band Anfang 2021 erscheinenden Band:

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Streitkultur zum Religionsunterricht - Friedrich Schweitzer und Andreas Obermann

Andreas Obermann vs. Friedrich Schweitzer

Ein Religionsunterricht für alle? Ostern, Pessach oder Zuckerfest: Was die Gläubigen da jeweils feiern, lernen Kinder und Jugendliche im Religionsunterricht. Allerdings: In vielen Bundesländern sind Schülerinnen und Schüler in dem grundgesetzlich garantierten Fach nach ihrem jeweiligen Glauben aufgeteilt. Ist das noch zeitgemäß?

Pro: Andreas Obermann, Professor für Religionspädagogik an der Universität Bonn „Ich vertrete einen ‚Religionsunterricht für alle‘. Denn dieser weist auf einen Schwachpunkt des Religionsunterrichts hin – nämlich die Trennung der SchülerInnen nach Religionen und Konfessionen im Religionsunterricht. Das ist anachronistisch, in keiner Weise inklusiv und auch theologisch fragwürdig. Ich trete ein für einen pluralistischen Religionsunterricht, in dem ein Dialog wirklich auf Augenhöhe stattfinden kann.“

Contra: Friedrich Schweitzer, Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Tübingen „Kinder und Jugendliche brauchen Religionslehrkräfte, die sich als kirchlich und religiös identifizierte Menschen ganz besonders auf die existenziellen Fragen einlassen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Angebot für die Schüler möglich wäre, wenn wir von unserem bisherigen bewährten Modell der Kooperation zwischen Staat und Kirche und anderen Religionsgemeinschaften.

Den Link zum Streitgespräch finden Sie hier: Deutschlandfunk Startseite Streitkultur Ein Religionsunterricht für alle? 18.04.2020

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